„Löwen, Kunstschaffende und Mäzene“
Im Museum der bildenden Künste ist eine Ausstellung zum Thema „Beitrag der jüdischen Diaspora zum Kulturgut Königsbergs“ eröffnet worden.
Das Museum der bildenden Künste ist im Gebäude der ehemaligen Königsberger Börse untergebracht. Die Börse entstand 1875 in dem historischen Teil Königsbergs, welcher damals Vorstadt genannt wurde. Dort lebten viele Juden und auch die erste sowie die nachfolgenden Synagogen wurden hier erbaut. Visitenkarte des Museums sind die beiden steinernen Löwen – die Brüder Löwenstein –, die den Haupteingang bewachen.
Doch die Börse war nicht nur der Ort, an dem sich Kaufleute trafen und gute Geschäfte abschlossen. Von 1876 bis 1913 war die Börse die meistbenutzte Konzertbühne Königsbergs. Hier traten der Geigenvirtuose und Dirigent Max Brode, der begabte Komponist und gebürtige Königsberger Werner Richard Heyman und der Musiker, Dirigent und Hauptkantor der jüdischen Gemeinde in Königsberg Eduard Birnbaum auf. Und schließlich erhielt hier auch der russische Komponist und Pianist Anton Rubinstein Applaus. Zum ersten Mal sind diese herausragenden Persönlichkeiten nun in Dokumenten, Zeichnungen und Fotografien vertreten. Ebenso wie ihre Mäzene, Vertreter der jüdischen Diaspora, von denen sie sehr aktiv unterstützt wurden. Zu diesen gehörten die Bankiers Walter Simon und George Marx, der Kaufmann und Kunstsammler Maxim Minkowski, der Bernsteinunternehmer Moritz Becker und andere namhafte Königsberger. Ihre Portraits kann man in der erstmals ausgestellten Sammlung grafischer Werke von Heinrich Wolff sehen.
Ab 1889 wird die Börse auch Ausstellungsraum für den Königsberger Kunstverein. Diesem gehörten viele herausragende Künstler jüdischer Abstammung an. Ausgestellt wurden hier auch Werke der Künstlerkolonie in Nidden auf der Kurischen Nehrung. Besonderes Interesse verdient das Werk des Dichters Walter Heymann, der den Traum hegte, in der Börse eine poetisch-grafische Ausstellung zu veranstalten. Doch der Erste Weltkrieg brach aus und Heymann und seine Freunde gingen als Freiwillige an die Front. Viele von ihnen – auch Heymann – kehrten nicht zurück. Ein Gedenkstein, den man ihnen zu Ehren auf der Nehrung aufgestellt hatte, wurde von den Nationalsozialisten abgetragen.
„Löwen, Kunstschaffende und Mäzene“ ist nur der erste Teil eines großen Kunstprojekts des Museums. Am Museum soll auch der Startpunkt für Rundgänge „von der Börse zur Synagoge“ sein, in Kürze erscheint ein Reiseführer mit Informationen zu herausragenden Vertretern der jüdischen Diaspora und ihrer Rolle in der Geschichte der Pregelstadt. In den Reiseführer werden u.a. auch Abbildungen einzigartiger Dokumente aufgenommen, die erstmals ins Russische übersetzt wurden.
„Das Thema Holocaust wird in der Ausstellung nicht berührt,“ räumen die Organisatoren der Ausstellung ein, „obwohl es unsichtbar über ihr schwebt“. Die Ausstellung wurde symbolträchtig zu einem Zeitpunkt eröffnet, als Millionen von Menschen ihr Zuhause verlassen und in die Welt fliehen mussten, der erneut ein Weltkrieg droht.