Laienhistoriker entdeckt unbekannten Brachert
In Kaliningrad wurde mit der Restaurierung mehrerer Flachreliefs des bekannten deutschen Bildhauers Hermann Brachert (1890-1972) begonnen. Die Reliefs waren unweit des Südbahnhofs an einem Gebäude entdeckt worden, das zu deutschen Zeiten ein Postamt war.
Dass die Reliefs erhalten geblieben waren, äußerte der Kaliningrader Laienhistoriker Nikolaj Tscheburkin bereits vor einigen Jahren: Hinweise darauf hatte er in einem von Brachert selbst verfassten Buch gefunden.
Die Flachreliefs von Brachert waren jahrzehntelang unter mehreren Schichten von Farbe und Zement verborgen. Mehr noch: Bis vor ein paar Jahren war gerade an dieser Stelle ein altes Reklameschild angebracht. Als man es endlich demontierte, wurde der Blick auf kunstvoll in Stein gearbeitete Figuren von Postboten, Telefonistinnen etc. sowie auf entsprechende Inschriften frei. Leider war dies alles auf barbarische Weise mit Zementmörtel zugeschmiert worden.
Über den Fortgang der Restaurierungsarbeiten berichtete Jewgenij Maslow, Leiter der regionalen Denkmalschutzbehörde. Demnach sei es den Restauratoren gelungen, den von Hermann Brachert zur Anfertigung der Figuren verwendeten Travertin, eine Kalksteinart, vom Zement zu befreien. „Dies ist nur der Anfang unserer Arbeit“, sagte Maslow. „Was uns noch bevorsteht, ist die Feinsäuberung der Flachreliefs und die Wiederherstellung verlorener Fragmente. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir es aus eigener Kraft und mit unseren Mitteln schaffen, diese Kunstobjekte dem kulturellen Leben des Gebiets zurückzugeben. Dabei geben wir uns keinen Illusionen hin: Rein technisch ist dies eine schwierige Aufgabe.“
Bracherts Flachreliefs befinden sich an einem Objekt, das unter folgender Bezeichnung zum Kulturerbe gehört: „Postamtsgebäude aus dem Jahr 1930“. Diese Bezeichnung kann nach der Erstellung eines Gutachtens ergänzt werden – ungefähr so, wie die Bezeichnungen anderer Denkmäler abgewandelt bzw. korrigiert wurden. Im Register gibt es daher den Eintrag: „Haus der Technik, Architekt Hanns Hopp, mit Hochrelief ,Steinmetz‘ des Bildhauers Hermann Brachert“. Der Leiter der regionalen Denkmalschutzbehörde Jewgenij Maslow dankte den Mitarbeitern des Brachert-Museums für ihre Bemühungen um den Erhalt des künstlerischen Nachlasses dieses großen deutschen Bildhauers. „Dies ist umso wichtiger, da die Nationalsozialisten viele Werke von Brachert als ,entartete Kunst‘ vernichtet haben. Wir dagegen lassen diese Kunst wiedererstehen“, sagte er.
In Kaliningrad wurde auf Initiative des Kaliningrader Bernsteinmuseums und des Hermann-Brachert-Museums in Otradnoje/Georgenswalde zum 50. Todestag von Hermann Brachert eine ihm gewidmete Ausstellung eröffnet.
Zur Information: Brachert hat für Königsberg und die ostpreußische Provinz mehr als 20 Skulpturen erschaffen, sowie Porträts, Kupferstiche, zahlreiche Bronzemedaillen und Kunstwerke aus Bernstein. 1993 wurde in Otradnoje/Georgenswalde bei Swetlogorsk/Rauschen das Hermann-Brachert-Museum eröffnet. Es ist in einem Sommerhaus der Familie Brachert untergebracht. Von 1933 bis 1944 diente das Haus dem von den Nationalsozialisten verfolgten Bildhauer sowohl als Zufluchtsort als auch als Atelier.
Alexander Kateruscha