Partnerschaft Kaliningrad – Bonn
Der Kontakt zwischen dem russischen Kaliningrad an der Ostsee, dem früheren Königsberg, und der damaligen Bundeshauptstadt Bonn drohte in den letzten Jahren einzuschlafen, er bedarf dringend neuer Impulse.
Vor gut 30 Jahren wurde die Partnerschaft zwischen dem russischen Kaliningrad an der Ostsee, dem früheren Königsberg, und der damaligen Bundeshauptstadt Bonn vereinbart. Wenige Monate später, im März 1992, kam eine zehnköpfige Delegation aus der ehemaligen preußischen Residenzstadt am Pregel in die Regierungsstadt am Rhein. Seitdem hat es nahezu hundert Begegnungen und Treffen gegeben, mal ging es um Jugendarbeit, um die Arbeit mit Behinderten, um die Resozialisierung jugendlicher Straftäter, um die Hilfe für Drogenabhängige. Doch der Kontakt zwischen der russischen Exklave an der Ostsee und der Bundesstadt drohte in den letzten Jahren einzuschlafen, es bedarf dringend neuer Impulse.
Einer, dem die Partnerschaft zwischen den über 1.000 km voneinander entfernten Städten besonders am Herzen liegt, ist Bernhard von Grünberg, besser unter seinem Spitznamen Felix bekannt. Die Familie des langjährigen SPD-Landtagsabgeordneten und Mieteranwalts stammt aus Königsberg, sein Vater war dort Rektor der Albertus-Universität, seine Geschwister lebten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der Stadt. Bei einem Besuch im Königsberger Dom entdeckte er die Grabplatte einer Ursula von Grünberg mit dem Wappen seiner Familie, datiert auf das Jahr 1612.
Von Grünberg gehörte zu den ersten Abgesandten Bonns, die sich um eine Vertiefung der Kooperation vor allem im Bereich der Jugendarbeit kümmerten. Verständigung war oft nur mit Hilfe von Zeichensprache möglich, dafür ging man gemeinsam in die Sauna, zum Angeln oder auf Rundfahrten in die Stadt und ihre Umgebung. So entstanden Freundschaften, die Jahrzehnte hielten und bis heute bestehen.
Der Bereich der Kontakte, Gespräche und gegenseitigen Unterstützung war gewaltig. Schon 1993 fuhr ein erster Hilfstransport in die russische Exklave und verteilte Hilfsgüter aus Bonn an 14 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Kinderkrankenhäuser, Kinderheime und Gruppen von jungen Behinderten. Noch im selben Jahr wurde der erste Austausch zwischen dem Bonner Studio für Kinder- und Jugendballett von Wolfgang Taubensee und der privaten Ballettschule von Irina Sadowskaja organisiert. Einer der Höhepunkte war die Gründung des deutsch-russischen Jugendforums, angestoßen von Vitaly Krusch. Zwei Jahre später bildete sich daraus das Deutsch-Russische Jugendparlament Kaliningrad – Bonn mit etlichen Begegnungen in den Folgejahren. Für eine Teilnehmerin hatte das alles besonders gravierende Auswirkungen: Die Übersetzerin Anna Mokroussova kam zunächst als Au-Pair-Mädchen nach Bonn, verliebte sich hier, heiratete, gründete eine Familie und lebt noch heute im Rheinland.
Eines der erfolgreichsten Projekte war die Unterstützung eines Kinderheimes in der Nähe Kaliningrads. Das Bonner Waldkrankenhaus, ermuntert von seinem damaligen Direktor Hans Graf von Lehndorf , einem ehemaligen Königsberger, unterstützte Personal und Patienten mit regelmäßigen Hilfslieferungen. Aber wenn die Jungen und Mädchen 18 Jahre alt wurden, endete die Jugendhilfe, und sie standen praktisch wieder auf der Straße. Mit einem Zuschuss des Landes Nordrhein-Westfalen gründeten die Bonner Helfer einen Gartenbaubetrieb, in dem die Jugendlichen arbeiten und den Beruf des Obstbauers erlernen konnten.
Immer enger wurde die Zusammenarbeit zwischen den Engagierten beider Städte in der Hilfe für Drogenabhängige. Die russischen Sozialarbeiter gründeten einen Verein für Gefährdetenhilfe in Kaliningrad. Eine dauerhafte Finanzierung der Arbeit scheiterte jedoch aus politischen Gründen, der Arbeit mit dieser sozialen Randgruppe wurde nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen.
Zu einer offiziellen Partnerschaft zwischen den beiden traditionsreichen Städten ist es nie gekommen. So blieb es bei einer von Bürgern, Vereinen und Initiativen getragenen Partnerschaft. Doch mittlerweile sind viele der Akteure aus der Anfangszeit alt, in Rente oder gestorben. Begegnungen sind seltener geworden, die Förderung des Austauschs durch beide Staaten wurde reduziert, Reisen sind teuer und bürokratischer geworden. Deshalb fordert von Grünberg neue Anläufe in der Zusammenarbeit, damit, wie er sagt, „die unzertrennlichen Brüder Russland und Deutschland wieder zusammenkommen“.
Peter Jansen