Hier zwischen der Tormauer und dem Wassergraben stieß man auf einen Entwässerungsschacht aus deutscher Zeit. Foto: A. Denissenkow

Geheimnisse des alten Stadttores

Auf dem Gelände des Museums „Friedländer Tor“  ist bei Arbeiten zur Landschaftsverschönerung ein bisher unbekanntes, unter der Erde verlegtes Rohr entdeckt worden.

Das Rohr nimmt an der Innenseite der Tormauer seinen Anfang und verläuft weiter in Richtung einer unweit gelegenen Anhöhe. Der Redakteur der Zeitung „Komsomolskaja Prawda“ Aleksej Denissenkow erfuhr im Gespräch mit dem Museumsdirektor Andrej Jarzew Näheres über den merkwürdigen Fund.

A. Jarzew: Nachdem wir die obere Erdschicht unweit der Innenseite der Tormauer entfernt hatten, wurde in etwa anderthalb Meter Tiefe ein Entwässerungsschacht sichtbar. In diesen mündete ein Rohr, das aus Backsteinen gebaut war und etwa einen halben Meter im Durchmesser hatte.

A. Denissenkow: Was soll nun mit diesem Rohr geschehen?

A. J.: Wir haben vor, den Entwässerungsschacht nach oben mit kontrastfarbigen Backsteinen zu verlängern und zu einer Art Aufbau zu formen. Museumsbesucher werden bei der Besichtigung der Tormauer ein paar  Stufen hinuntersteigen und ins Innere des Schachtes durch ein schlagfestes Glas hineinschauen können. Der Schacht kann von innen beleuchtet werden.

A. D.:  Gelang es Ihnen herauszufinden, wohin das entdeckte Backsteinrohr führt?

– Gute Frage. Wir bräuchten dazu einen Kanalforscher oder Digger, wie sie heute auch genannt werden, also jemanden, der ins Rohr hineinkriechen und dessen weiteren Verlauf erkunden könnte.

– Ist das Rohr dafür dick genug?

– Ja, das Rohr hat einen halben Meter im Durchmesser. Wir vermuten, dass in dieses Rohr eine Vielzahl von kleineren Entwässerungsrohren mündet. Alles zusammen muss seinerzeit eine Entwässerungsanlage gewesen sein. Das Regen- und Grundwasser sammelte sich darin und floss in den Graben hinunter, der zum Stadttor gehörte.

– Gibt es jetzt Wasser im Rohr?

– Nachdem wir das Erdreich aus dem Entwässerungsschaft entfernt hatten, wurde es möglich, ins Innere des Backsteinrohres zu gucken. Dieses war auf mindestens fünf Meter Länge vollkommen trocken. In welcher Richtung das Rohr weiter verläuft, zum Stadttor oder zur Straße hin, wissen wir nicht. Ich glaube, ein Digger darf nur die direkte Strecke des Rohres erkunden. Soll er dort aber auf eine Abzweigung stoßen, so wäre es meiner Meinung nach zu riskant, sich darein zu wagen. Merkwürdig ist, dass Luft, die aus dem Rohr herauskommt, nicht kalt, sondern fast warm ist. Wo kommt sie her, möchte ich wissen. Die Baufirma, welcher wir die Landschaftsverschönerung aufgetragen haben, freut sich, dass sie auf diese alte Entwässerungsanlage aus deutscher Zeit gestoßen ist. Ihr bleibt dadurch viel Arbeit erspart, sie hofft sie sanieren und wieder in Betrieb nehmen zu können.

–  Was ist, wenn es hier ein unterirdisches Verlies mit dem verschollenen Bernsteinzimmer gibt?

– Nein, daran glaube ich nicht. Das ist doch nur ein Entwässerungsrohr. Die Frage ist nur, wohin es führt. Die Räumlichleiten in unserem Museum sind ja vollkommen trocken, obwohl das Stadttor dicht an eine Anhöhe grenzt. Trotzdem dringt von dort selbst bei starken Regenfällen kein Wasser ins Innere des Stadttores herein. Also funktioniert die alte deutsche Entwässerungsanlage heute noch. Interessant ist nur, wie sie das tut. Es gab seinerzeit einen anderen Fall, bei dem man glaubte, auf dem Gelände unseres Museums unter der Erde etwas Geheimnisvolles entdeckt zu haben. Es war, als hier das ehemalige Wachhaus umgebaut wurde. Es stellte sich dabei heraus, dass sich das Wachhaus in etwa 1,5 Meter Tiefe auf einen durchgehenden Granitsockel stützte. Am Sockel war ein aus Granitsteinen geformter Rahmen zu erkennen. Das konnte früher der Eingang zu einem unterirdischen Raum gewesen sein. Der Eingang war aber in der Nachkriegszeit zugemauert worden.

– Hat man nicht versucht, die Mauer zu durchbrechen und den Eingang freizulegen?

– Nein, das wurde von fachlicher Seite strengstens untersagt unter dem Hinweis darauf, dass das Wachhaus dadurch instabil werden und einstürzen könnte. Es bleibt deshalb bis heute ein Geheimnis, was sich hinter dem Granitsockel befindet. Der Entwässerungsschacht wurde zwischen der Innenböschung der Tormauer und dem dort verlaufenden Burggraben entdeckt.