Kriegsverbrechertribunal – Filmarbeiten in Kaliningrad
Im Oktober 2021 fanden in Kaliningrad Aufnahmen zum Spielfim „Nürnberg“ statt. Gedreht wurden Szenen vor dem Justizpalast Nürnberg, in dem seinerzeit Kriegsverbrecher vor Gericht standen. Als „Justizpalast“ fungierte das Gebäude der ehemaligen Königsberger Börse, deren Fassade die Flaggen von Großbritannien, Frankreich, der Sowjetunion und den USA trug.
„Klar wäre uns lieber gewesen, den Film vor Ort in Deutschland, in einem authentischen historischen Milieu zu drehen, was durch Corona leider nicht möglich war“, sagte der Regisseur des Films Nikolaj Lebedew. „Daher haben wir den Film an einem Ort aufgenommen, an dem dies am glaubwürdigsten wirkte, anstatt die Dreharbeiten auf unbestimmte Zeit aufzuschieben. Wir haben uns für Kaliningrad entschieden. Die Stadt hat eine einzigartige Geschichte und viele gut erhaltene Bauten aus deutscher Zeit. Das half uns enorm bei der Suche nach passenden Kulissen für unseren Film.“
Der Treppenaufgang vor der Börse war dieser Tage voller Darsteller in Uniformen oder Zivilkleidung entsprechend der Mode der 1940er Jahre. Auf den Ruf hin „Kamera läuft!“ kam auf dem Vorplatz alles in Bewegung. Der Straßenverkehr in der Umgebung war für einige Tage für den Autoverkehr gesperrt. Lediglich „Mercedes“-Pkw und „Studebaker“-Lkw waren zu sehen. An ihnen vorbei hasteten Militärs, Polizeibeamte und Damen in schicken Mänteln. Rang- und Ehrenabzeichen Militärangehöriger, Lederschuhe und Gewehre von GI, Kameras von Bildreportern – alles zeugte davon, wie viel Wert das Drehteam auf authentische Gegenstände der damaligen Zeit gelegt hatte. Regisseur Lebedew fasste das Ziel seiner Arbeit zusammen: „Ich arbeite seit 2015 an diesem Filmprojekt und kenne mich in der Geschichte schon recht gut aus. Was wir hier drehen, ist trotzdem kein Dokumentarfilm, sondern eine Art Vision, die auf der Leinwand gezeigt wird.“
Dem Drehbuch liegt der Roman „In alle Ewigkeit“ von Alexander Swjaginzew zugrunde. Die meisten Szenen wurden im Filmstudio „Mosfilm“ gedreht. „Die Dreharbeiten fanden in Tschechien und in Moskau statt, wo man dafür unglaublich schöne und authentisch aussehende Bühnenbilder gebaut hat“, erzählte Schauspieler Alexej Bardukow, einer der Hauptdarsteller im Film. „Sie stellten den Gerichtssaal ‚600‘ dar, den man weltweit als Ort kennt, in dem die Bonzen Nazideutschlands verurteilt wurden. Ich habe einmal in Nürnberg ein Museum besucht. Was die Bühnenbildner bei der Arbeit an diesem Projekt geleistet haben, ist einzigartig. Als Zuschauer werden Sie sich davon überzeugen können.“
Schaulustige verfolgten das Geschehen am Set von einer Autobrücke aus zirka zehn bis zwanzig Meter Entfernung aus. Einige nutzten die Gelegenheit, eigene Live-Aufnahmen in den sozialen Netzwerken zu streamen. Viele machten Erinnerungsfotos.
Wovon handelt der Film? Man schreibt das Jahr 1945. In Nürnberg startet der Internationale Militärgerichtshof einen Prozess, der in die Geschichte des 20. Jahrhunderts als der größte eingehen wird. Unzählige Menschen aus aller Welt, Journalisten, Rechtsanwälte, Dolmetscher, Zeugen und Prozessbeteiligte strömen nach Nürnberg, um bei dem historischen Prozess dabei zu sein. Einer von ihnen, Igor Wolgin, kommt mit einem Dienstauftrag nach Nürnberg. Er ist jung, Frontkämpfer und Träger vieler Orden. Wolgin spricht mehrere Sprachen und ist Dolmetscher einer sowjetischen Delegation unter Leitung von Oberst Migatschow. In Nürnberg lernt er die junge Russin Lena kennen. Aus der zufälligen Begegnung wird bald eine Beziehung. Beide werden zahlreiche Hindernisse überwinden müssen, bis es schlussendlich zum Happy End kommt. Kein Wunder: Liebe allein hilft, die Welt vor Entmenschlichung zu bewahren – so war es schon immer.
Alexander Kateruscha