Zeitung auf der Suche nach Arbeitskräften
Liebe Leserinnen und Leser, heute beenden wir unsere kleine Reihe zur Zeitung für die deutsche Bevölkerung in Kaliningrad zwischen 1947 und 1948 und berichten abschließend über veröffentlichte Zeitungsannoncen in der „Neuen Zeit“.
Normalerweise leben sowohl Print- als auch Onlinemedien von Inseraten zum Wohnungs- über den Arbeits- bis hin zum Heiratsmarkt; nicht jedoch die „Neue Zeit“. Die Zahl der Anzeigen war hier sehr überschaubar und umfasste vor allem Stellenangebote.
Zunächst suchte die Redaktion der Zeitung in der Langen Reihe 2, Zimmer 6, einen Chauffeur mit Führerschein, später auch einen Übersetzer und Korrektor, der Russisch und Deutsch beherrschte. Der Zentrale Deutsche Klub unter derselben Anschrift benötigte Schreibtische, Stühle und Aktenschränke. Ab Sommer 1947 veröffentlichte das Kaliningrader Mühlenkombinat Nr. 1 Stellenangebote für Elektromonteure, Schlosser, Stuckateure, Transportarbeiter, Kesselschmiede, Klempner, Zimmerleute, Tischler, Heizer, Kohlenfahrer, Ablader, Hilfsarbeiter und Müller. Auf der Suche nach Arbeitskräften waren des Weiteren das Bestattungsbüro in der uliza Krasnaja 10 (ehemals Schrötterstraße), der Kaliningrader Instandsetzungs- und Aufbautrust in der Karl-Marx-Straße (ehemals Hagenstraße), die Straßenbahn und das Kaliningrader Städtische Industriekombinat. Als zusätzlicher Anreiz dienten Wohnraum und eine verbesserte Lebensmittelversorgung.
Die einzige Todesanzeige in der „Neuen Zeit“ betraf den bei Deutschen und Russen gleichermaßen hochangesehenen Professor Dr. med. Arthur Böttner, Internist und seit Juni 1945 im Gebietskrankenhaus Königsberg/Kaliningrad tätig. Er starb im Oktober 1947 an einem Herzinfarkt. Kurz zuvor war er als Leiter der Inneren Abteilung abgelöst worden.
Suchdienstanzeigen von Angehörigen aus Deutschland bzw. Kriegsgefangenen wurden lediglich zwei Mal geschaltet, ohne jedoch nähere Angaben zum Alter oder dem ehemaligen Wohnort der Vermissten zu machen.
1948 wurde in lediglich sechs Zeitungsausgaben inseriert. Der Kaliningrader Park für Kultur und Erholung und Tiergarten sowie das Zentrale Apothekenlager im Gebietskrankenhaus stellten Arbeitskräfte ein. Der sowjetische Staat forderte Betroffene zum Erwerb eines Gewerbescheins sowie zur Anmeldung als Stromabnehmer auf. Die Kaliningrader Brauerei Nr. 1 kaufte an 14 Standorten leere Bierflaschen an (0,3 Liter für 3 Rubel; 0,5 Liter für 5 Rubel).
Letztmalig im April 1948 wurde mitgeteilt, dass Bestellungen der „Neuen Zeit“ unter anderem in allen Postagenturen und in den öffentlichen Verteilern der Unternehmen, Behörden, Kolchosen und Sowchosen vorgenommen werden könnten, auch für drei (5,40 Rubel) bzw. sechs Monate (10,80 Rubel) im Voraus. Am 16. Oktober 1948 stellte die „Neue Zeit“ ihr Erscheinen ein. Die deutsche Bevölkerung hatte das Gebiet verlassen müssen.
Alexandra Jelitte