Das Land Brandenburg eröffnete in Kaliningrad ein Partnerbüro
In den 1990er Jahren war das Bundesland Brandenburg eines der ersten, das Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem Gebiet Kaliningrad bekundete. 1994 wurde ein entsprechendes Memorandum mit Schwerpunkt Landwirtschaft und Wirtschaft aufgesetzt. 1998 wurde es durch ein Protokoll über die Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen der Administration des Gebietes und der Regierung des Landes Brandenburg ergänzt. Im Jahre 2001 trat der Brandenburger Landtag der Vereinbarung des Landtages Schleswig-Holstein mit der Gebietsduma Kaliningrad bei. Diese und andere Dokumente bilden die Grundlage für die Arbeit des kürzlich eröffneten Partnerbüros Brandenburg, das in Sankt Petersburg, im Leningrader Gebiet und Kaliningrad agiert. Der „KE“ sprach mit dem Leiter des gesamten Projektes, Dr. Stephan Stein.
KE: Dr. Stein, wie war Ihre erste Begegnung mit Russland? Wann sind Sie das erste Mal in das Land gekommen?
Stephan Stein: Im April 1989 bin ich mit der Eisenbahn aus Berlin in Moskau angekommen. Der Grund war meine russische Frau, die ihre Heimat nicht verlassen wollte. Ich arbeitete als Leiter der Filiale der Touristik Union International (TUI in Form der Tochterfirma „Ultramar Express“). 1996 stellte mich die Handelskammer Hamburg als Repräsentanten in Sankt Petersburg und Kaliningrad ein. Der jetzige Präsident Putin war damals stellvertretender Bürgermeister in Sankt Petersburg und sorgte dafür, dass wir eine wunderschöne Stadtvilla als „Haus der Deutschen Wirtschaft“ erhielten. In Kaliningrad traf ich Leonid Gorbenko, noch bevor er zum Gouverneur gewählt wurde. Das hat unsere Beziehung positiv beeinflusst. Damals gelang es mir, die Firma BMW nach Kaliningrad in die Sonderwirtschaftszone zu holen. Überhaupt habe ich bis heute gute Beziehungen zu allen Regierungen im ehemaligen nördlichen Ostpreußen.
KE: Durch die Eröffnung des Partnerbüros Brandenburg im Februar 2020, als die politische Großwetterlage nicht gerade sonnig war, setzte das Land Brandenburg ein deutliches Zeichen – das Interesse und der Wille zusammenzuarbeiten sind da. Wird dieses Signal von der russischen Seite wahrgenommen?
Stephan Stein: Über viele Jahre hatte Brandenburg keinen Vertreter in Kaliningrad. Als alter Russlandkenner weiß ich jedoch, dass persönliche Präsenz eine wichtige, positive Rolle spielt. Das verstehen auch die Gebiets- und Stadtadministration Kaliningrad. Da ich bereits seit 1996 in Kaliningrad lebe und arbeite, haben der Gouverneur Alichanow und die Internationale Abteilung der Regierung positiv auf meine Ernennung als Partnerschaftsbeauftragter für die Ostseeregionen der Russischen Föderation reagiert. Ich werde alle Anstrengungen unternehmen um mitzuhelfen, die Partnerschaft unserer beiden Regionen mit mehr Leben zu erfüllen.
KE: Das Land Brandenburg ist durch seine entwickelte Landwirtschaft bekannt. Auch in Kaliningrad schreibt man die „Eigenversorgung“ groß. Können Sie Projektvorhaben nennen, die in der Landwirtschaft angesiedelt sind?
Stephan Stein: Ich habe in letzter Zeit viel mit Landwirten aus Deutschland zu tun. Einige kommen auch aus Brandenburg. Früher wurden Obst und Gemüse, Fleisch und Käse importiert. Heute kommen die Lebensmittel zum größten Teil aus dem Kaliningrader Gebiet. Wer hätte früher gedacht, schön aussehende und gut schmeckende Tomaten aus Kaliningrad essen zu können, die sich nicht von spanischen unterscheiden? In Kaliningrad gibt es Viehwirtschaft, die mehr produziert, als man hier essen kann. Wo kommen die Rinder her? Zum Teil aus Brandenburg. Es gibt einen großen Milchproduzenten, der sich rasant vergrößert. Wer berät ihn? Ein Brandenburger. Das macht mich stolz. Es zeigt aber auch, dass in Russland für Innovationen in der Landwirtschaft noch viele Chancen bestehen.
KE: Es gibt seit sechs Jahren eine bilaterale Initiative der deutsch-russischen Themenjahre, ins Leben gerufen von den Außenministerien unserer beiden Länder. Gerade wurde die Laufzeit des Deutschlandjahres 2020/2021 verlängert, denn viele Projekte, die in diesem Rahmen gefördert werden sollten, wurden durch die Pandemie stark gebremst. Trotzdem die Frage – wie beteiligt sich Ihr Büro an dieser Initiative?
Stephan Stein: Das Jahr 2020/2021 ist das Deutschlandjahr in Russland. Wir werden im Juni ein Forum der Urbanistik und Stadtbauplanung unter dem Titel „Perspektive. Die Stadt am Wasser“ organisieren. Kaliningrad will als Stadt schöner und als Ziel für Tourismus attraktiver werden. Es gibt Bestrebungen, die Innenstadt und den Hafen in der Stadtplanung zu verschönern. Wir haben das große Glück, dass wir den „architektonischen Vater der Hamburger Hafen-City“, einen der bedeutendsten deutschen Architekten, Prof. Volkwin Marg, als Top-Redner gewinnen konnten. Auf seinen Vortrag sind wir sehr gespannt. Darüber hinaus tragen wir das Forum auch in die Kreisstädte Tschernjachowsk (ehem. Insterburg) und Polessk (ehem. Labiau).
KE: Wie erfahren denn Kaliningrader von Ihrem Büro und der Möglichkeit, durch Ihre Hilfe Kontakte zum Land Brandenburg knüpfen zu können?
Stephan Stein: Auf unserer Webseite http://psb-ru.com/ berichten wir über unsere Programme. Seit Januar 2021 gibt es auch die wöchentliche Radiosendung „Brandenburger Dialog“, die ich zusammen mit der Kaliningrader Journalistin Svetlana Kolbanjowa moderiere, produziert wird sie vom regionalen Ableger des russischen Radiosenders „Serebrjanyj Doschd“ (dt.: Silberregen). Wir diskutieren dabei über aktuelle und historische Themen, Ereignisse und Persönlichkeiten. Ist das nicht toll, dass so etwas im ehemaligen Königsberg, heute Kaliningrad, trotz aller politischen Probleme möglich ist?
KE: Dr. Stein, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Kontakte:
RUS-236003 Kaliningrad, ul. Jaltinskaja 4, Office 22
E-Mail: office.partnerbuero.brandenburg@gmail.com
Internet: http://psb-ru.com
RUS-191186 St. Petersburg „Deutsch-russisches Begegnungszentrum“, Newskij Prospekt 22-24, Office 135 N
E-Mail: spb.partnerbuero.brandenburg@gmail.com