Der Deutsche Klub – zwischen Agitation und Tanz
Der KE berichtet in einer aktuellen Serie von der Zeitung für die deutsche Bevölkerung des Kaliningrader Gebietes „Neue Zeit“, die 1947–1948 vor Ort erschien. In der Ausgabe 4/2021 erwähnte unsere Leserin Sabine Steinkat den Deutschen Klub in Kaliningrad. Was hatte es damit auf sich?
Bereits im Februar 1946 hatte die Provisorische Zivilverwaltung Königsbergs/Kaliningrads die Gründung eines „Antifaschistischen Klubs“ für die deutsche Bevölkerung angeordnet. Ziel war die Durchführung politischer Schulungen und kultureller Veranstaltungen. Der Zentrale Deutsche Klub befand sich in den ehemaligen chirurgischen Universitätskliniken in der Uliza Barnaulskaja (ehemals Lange Reihe). Daneben gab es auch Klubs in den Stadtbezirken. Im Februar 1946 standen 18 Deutsche auf der Gehaltsliste des Klubs, im Juni bereits 124. Als eigene Abteilungen des Klubs galten die Zeitungsredaktion der „Neuen Zeit“, eine Rundfunkabteilung und eine Antifaschistische Schule mit zirka 40 Schülern. Ab August 1946 hieß der Klub offiziell „Klub für die Arbeit unter der deutschen Bevölkerung“. Offenbar musste er auch mehrfach seine Räumlichkeiten freigeben, um zum Beispiel als Krankenstation genutzt zu werden, zog aber immer wieder zurück.
Die „Neue Zeit“ veröffentlichte das Kinoprogramm für den Klub sowie Hinweise auf kurze Rundfunksendungen. Für Sonntag, den 13. Juli 1947, waren neben einem politischen Vortrag des Chefs der deutschen Lektorengruppe Fritz Glagau auch eine Chorprobe, Gymnastik, Pingpong, Schach und zwei Filmvorführungen angekündigt. Deutsche Ärzte hielten im Klub medizinische Vorträge zu den damals grassierenden Seuchen.
Für Sonntag, den 27. Juli 1947, standen Arien aus russischen und deutschen Opern auf dem Programm, vorgetragen von Anton Imkamp. Weiterhin gab es eine Bibliothek mit fast 6.000 Bänden schöngeistiger, politischer und populär-wissenschaftlicher Literatur sowie 200 Bänden der Klassiker des Marxismus-Leninismus für allerdings nur 150 eingeschriebene Leser, wie die Leiterin der Bibliothek L. Stepanzewa Ende September 1947 bedauerte.
Der Leiter des Filmverleihs I. Tarakanow unterstrich zum selben Zeitpunkt, dass in den vorhergehenden beiden Monaten 38 Spielfilme und acht Wochenschauen in deutscher Sprache vor mehr als 5.000 Menschen im Gebiet gezeigt worden seien. Sonntags soll es außerdem Gesangesdarbietungen, Konzerte und Tanzabende gegeben haben. Neben einem Chor für Jugendliche existierte auch ein Theaterzirkel.
Alexandra Jelitte
Quellen:
Gerhild Luschnat: Die Lage der Deutschen im Königsberger Gebiet 1945–1948. Peter Lang Verlag. Frankfurt (Main). 1996
Neue Zeit – Zeitung für die deutsche Bevölkerung des Kaliningrader Gebietes, 1947–1948
Vorschau auf KE 6/2021: Zeitungsannoncen in der „Neuen Zeit“