Kunsthalle Rostock. Foto: facebook.com

Deutschland ist immer eine Reise wert

Die Museen- und Kulturlandschaft Deutschlands zieht Jahr für Jahr Millionen von Touristen an. Im aktuellen Jahr 2020 werden gleich zwei große Jubiläen gefeiert.

Zum einen wäre Ludwig van Beethoven in diesem Jahr 250 Jahre alt geworden (1770–1827). Seine Heimatstadt Bonn ehrt ihn bis zum 26. April 2020 mit einer großen Ausstellung in der Bundeskunsthalle, um nur eine der zahlreichen Expositionen und Veranstaltungen im Beethoven-Jahr zu nennen. Auf ebenso ein Vierteljahrtausend könnte Friedrich Hölderlin (1770-1843) in diesem Jahr zurückblicken. Des Dichters auf dem Weg in die Moderne wird unter anderem mit einer großen Ausstellung im Literaturmuseum der Moderne in Marbach gedacht (19. März – 29. November 2020).

Soeben hat das Fontane-Jahr Deutschland geendet, bei dem sich die Museen gerade in der Berlin-Brandenburg-Region einen wahren Wettstreit lieferten. Neben der modernen Leitausstellung in Neuruppin luden zum Beispiel das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam, das Märkische Museum in Berlin und das Max-Liebermann-Haus der Stiftung Brandenburger Tor ein, sich dem berühmten Schriftsteller und Journalisten Theodor Fontane (1819-1898) von verschiedenen Seiten aus zu nähern.

Am 8. Mai wird der 75. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus begangen. In Berlin ist dieser Tag einmalig ein gesetzlicher Feiertag. Am Brandenburger Tor gibt es dann eine große Open-Air-Ausstellung zum städtischen Leben im Mai 1945, die Gedenk- und Symbolorte in der nahen Umgebung einbezieht. Anlässlich des 80. Jahrestages des Kriegsbeginns am 1. September 1939 wurde im Berliner Freizeit- und Erholungszentrum FEZ die Ausstellung „Der Krieg und ich — Kriegskinder 1939-1945“ gezeigt, in der die hochsensiblen Themen des Krieges altersgerecht für Kinder aufgearbeitet wurden. Begleitend gab es Treffen mit Zeitzeugen, die die Kriegszeit selbst als Kind miterlebt hatten, so zum Beispiel Saskia von Brockdorff, deren Mutter für die Unterstützung der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ hingerichtet worden war.

Das neben anderen am Ausstellungsprojekt am Brandenburger Tor beteiligte Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst plant im Frühjahr des Weiteren eine eigene Sonderausstellung zum Kriegsende. Hier schloss vor kurzem eine umfangreiche Exposition zum Abzug der Gruppe der Sowjetischen Truppen in Deutschland (GSTD) im Jahre 1994 mit interessanten Informationen zu logistischen Details und der oft ungewissen Zukunft in der Heimat.

Auch das Potsdam Museum präsentierte zum 25. Jahrestag des Abzuges Exponate aus den Hinterlassenschaften der Roten Armee, die in den leeren Kasernen gefunden wurden. Die fast fünfzig Jahre Anwesenheit der sowjetischen und russischen Streitkräfte in der Landeshauptstadt Brandenburgs sind bis heute hinsichtlich Gliederung und räumlicher Verteilung im städtischen Raum wenig erforscht.

Nachdem im vergangenen Jahr mit zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen der dreißig Jahre gedacht wurde, die seit dem Mauerfall am 9. November 1989 vergangen sind, können wir in diesem Jahr in der Kulturlandschaft Berlins ein Comeback der Goldenen 1920er Jahre beobachten, auch wenn das berühmte „Clärchens Ballhaus“ nach seiner über 100 Jahre langen Firmengeschichte in der Berliner Auguststraße derzeit seine Tore zu Sanierungszwecken geschlossen hat. Die Weimarer Republik, während der sich das Tanzlokal etablierte, ging mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten unter und beendete auch die nur 14-jährige Epoche des Bauhauses unter Walter Gropius, László Moholy-Nagy, Johannes Itten und vielen anderen.

Die Zusammenführung von Kunst und Handwerk weg von den Leitlinien der Industrialisierung war eine der einflussreichsten Strömungen im Bereich von Architektur, Kunst und Design des vergangenen Jahrhunderts. Die ungebrochene Popularität des Bauhauses und seiner Akteure spiegelte sich in zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen wider, wie zum Beispiel der unlängst ausgelaufenen Jubiläumsausstellung „original bauhaus“ in der Berlinischen Galerie mit über 1.000 bekannten und vergessenen Bauhaus-Originalen.

Nach wie vor sehr groß ist das Interesse vieler ausländischer Touristen an der Geschichte der DDR. Einer der Höhepunkte war hier zweifelsohne die Ausstellung zum ehemaligen „Palast der Republik – Utopie, Inspiration, Politikum“ in der Kunsthalle Rostock, dem einzigen Neubau eines Kunstmuseums zu DDR-Zeiten. Ausstattung und Kunstwerke des einstigen Palastes des Volkes sind mittlerweile weit verstreut über verschiedene Depots und werden zunehmend nachgefragt. Aktuell läuft in der Kunsthalle noch bis zum 13. April eine breit angelegte Werkschau der Fotografen Ute Mahler und Werner Mahler.

Alexandra Jelitte