Es ging wieder um die Wurst
Erneut ist in unserer Stadt das alte preußische Fest der langen Wurst begangen worden. Zwei Tage lang wurde dazu am Tor Friedrichsburg und am Königstor gefeiert.
Als Auftakt zum Fest wurde symbolisch die Flagge eines fiktiven Königreiches Wurstland über dem Friedrichsburger Tor gehisst. Gleich darauf ertönte eine Kanonensalve und eine Prozession von Fleischermeistern setzte sich in Bewegung. An ihrer Spitze trugen sechs Fleischergesellen auf einem Gestell eine drei Meter lange und 100 Kilogramm schwere Wurst.
Das Fest verlief unter der Schirmherrschaft des Kaliningrader Meeresmuseums, das diese mittelalterliche Königsberger Tradition 2013 aufgegriffen und in enger Kooperation mit im Gebiet ansässigen Fleischverarbeitungsbetrieben mit neuem Leben erfüllt hat.
Das Fest der langen Wurst wurde seitdem schon sieben Mal gefeiert. Die Teilnehmer und Besucher der Veranstaltungen müssen dabei insgesamt fast 10.000 Kilogramm Fleischerzeugnisse verzehrt haben. Am längsten – rund 300 Meter – war die Wurst von 2016. Allerdings setzte sie sich aus einer Vielzahl von zusammenhängenden kleineren Würsten zusammen.
Das diesjährige achte Fest der langen Wurst ist insofern einzigartig, als dass daran rund 200 Fleischermeister, Fleischfabriken und Schlachthöfe aus dem ganzen Gebiet teilgenommen haben. Sie brachten über 100 Sorten Wurst mit, die sie nach alten Rezepten aus verschiedenen Ländern der Welt zubereitet hatten. Zum Renner des kulinarischen Wettbewerbs wurde die sogenannte Zarenwurst, die von den Anwesenden als besondere Delikatesse auserkoren wurde.
Neben dem kulinarischen Genuss standen verschiedene Shows, Vorführungen, Animationen, interaktive Spiele und ähnliches auf dem Festprogramm.
Zur Information:
Das Fest der langen Wurst, dieser eigenartige und schöne Brauch, geht laut mittelalterlichen Stadtchroniken auf das Jahr 1520 zurück. Damals sollen Königsberger Meisterköche und Kochgesellen eine 41 Ellen (ca. 16 Meter) lange Wurst zum ersten Mal in einer Prozession durch die Straßen der Stadt getragen haben.
Mit jedem weiteren Fest – insgesamt fand es in Königsberg sechs Mal statt – wurde die Wurst immer länger. 1601 versetzte die Königsberger Fleischerzunft ganz Europa mit einer Riesenwurst ins Staunen, die ganze 1.005 Ellen (ca. 392 Meter) maß. Drei Meisterköche und 87 Kochgesellen hatten damals 81 Schweineschinken, 18 Pfund (7,3 Kilogramm) Pfeffer und andere Gewürze sowie viele Därme zum Anfertigen der Wursthülle verwendet, um diese Rekordleistung zu vollbringen.
Kein Wunder, dass das Fest der langen Wurst 1601 besonders interessant wurde und Eingang in die Stadtchronik fand. Mit wehenden Zunftfahnen und Blasmusik marschierten 103 festlich gekleidete Kochgesellen durch die Straßen Königsbergs und trugen die 885 Pfund (etwa 401 kg) schwere Wurst auf ihren Schultern.
Am Schloss angekommen, schnitten sie ein 130 Ellen langes Stück ab, um es ihrem Herzog als Neujahrsgeschenk zu überreichen.
Den Rest der Riesenwurst trugen sie weiter durch die Teilstädte Kneiphof, Altstadt und Löbenicht und überreichten deren Bürgermeistern, Braumeistern und Pfarrern auch ein Stück. Schließlich kamen sie am Zunfthaus der Bäcker in Löbenicht an, wo sich auch Vertreter anderer Berufe und das neugierige Volk an der Riesenwurst, oder an dem, was von ihr noch übriggeblieben war, laben konnten. Natürlich wurde dabei dem berühmten Löbenichter Bier kräftig zugesprochen, viel getanzt, gesungen, gescherzt und gelacht.