Die Bark „Sedov“ dient zur Ausbildung von Schülern von Seefahrts- und Fischereischulen in Russland. Das Bild zeigt sie auf der Reede vor Kiel. Foto: Autorin

Von Kiel nach Baltijsk mitsegeln

Unsere Leserin Michaela Lehmann erzählt über ihre Segelfahrt mit dem Schulschiff „Sedov“.

Seit einigen Jahren fahre ich begeistert auf russischen Segelschulschiffen als Trainee mit. So bin ich bereits auf der „Sedov“, der „Mir“ und der „Krusenstern“ mitgesegelt. Wobei ich gestehen muss, dass die „Sedov“ mein Lieblingsschiff ist.

Die Familie meiner Mutter stammt aus Ostpreußen (Rößel im Ermland) und ich war zuvor schon mehrmals in Masuren, aber auch wiederholt in Kaliningrad. Meine Oma hatte mir sehr viel über Königsberg erzählt. So war es immer mein Traum, an Bord eines russischen Seglers nach Kaliningrad zu fahren.

Im letzten Sommer passte endlich ein Törn in meine Ferien und so freute ich mich riesig auf eine Reise von Skagen (auf Reede) ganz im Norden von Dänemark nach Kaliningrad. Skagen kannte ich aus der Ferne schon von etlichen Törns rund um das Skagerrak und Kattegat. Ich plante eine zweitägige, von Deutschland aus doch recht umständliche Anreise nach Skagen mit Flugzeug, Bahn und zwei Übernachtungen.

In Kaliningrad kenne ich bereits die Sprachschule „Priwet“. Die Mitarbeiter wunderten sich wenig über die etwas ungewöhnliche Anreise ihrer Schülerin, da sie bereits wussten, dass ich vor allem wegen meiner Aufenthalte auf den russischen Segelschiffen Russisch lerne. Sie waren bereit, mich, egal wo und egal wann, vom Schiff abzuholen, da eine Reise auf einem Großsegler natürlich keine planmäßige Reise auf einem Kreuzfahrtschiff bedeutet.

Allerdings wurde die Reise dann doch etwas aufregender als geplant. Es fing damit an, dass die „Sedov“ in viele europäische Häfen nicht einlaufen durfte, da sich an Bord Kadetten von der Krim befanden. Dies war für die Trainees sehr unangenehm, die sehr kurzfristig ihre Anreise ändern mussten. Vor allem war dies aber für die Besatzung und die Kadetten der „Sedov“ sehr traurig. Zumal zum Beispiel Proviant geladen werden sollte, was dann immer sehr kurzfristig umorganisiert werden musste.

Je näher meine Reise rückte, desto nervöser wurde ich, da ich ungern am nördlichsten Ende Dänemarks stehen und die „Sedov“ eventuell nur in der Ferne vorbeisegeln sehen wollte, falls sie auch hier keine Einlaufgenehmigung erhalten würde. So bekam ich dann auch recht kurzfristig die Information, dass die „Sedov“ nicht Skagen anlaufen würde, sondern ich stattdessen in Kiel auf Reede zusteigen würde. Also plante ich meine Anreise neu und reiste  nach Kiel an. Sehr aufgeregt war ich vor allem auch deshalb, da ich zuvor noch nie auf Reede zugestiegen war und ich mich ein wenig davor fürchtete, auf der wackeligen Strickleiter die doch sehr hohe Bordwand der „Sedov“ zu erklimmen.

Zudem war ich sehr gespannt, wie die „Sedov“ mit ihrem neuen weißen Anstrich wohl aussehen würde. Bisher kannte ich die „Sedov“ nur in ihrem schwarzen Outfit, das sie 2005 erhalten hatte, als sie die Hauptrolle in dem Film „Der Untergang der Pamir“ spielte. In Kiel sollte ich sie zum ersten Mal für mich ganz ungewohnt in Weiß sehen.

Morgens wartete ich dann ungeduldig und nun völlig aufgeregt auf die Abholung durch ein Schiff, das mich zur „Sedov“ bringen sollte. Schließlich kam das Schiff und brachte ca. 20 überwiegend russische Trainees von der „Sedov“ an Land und nahm mich als einzigen Trainee für die Fahrt nach Kaliningrad an Bord. Sehr glücklich hörte ich schon hier, dass ich keinesfalls die Bordwand per Strickleiter erklimmen musste, sondern dass man auf der „Sedov“ extra die Gangway ausgefahren habe.

So näherte ich mich erstmals vom Wasser aus der „Sedov“ und war überglücklich, als ich ihre orangefarbenen Masten schon von Weitem sehen konnte. Die weiße „Sedov“ war für mich anfangs sehr ungewohnt, aber die gute alte Magdalene (in ihrem bald 99-jährigen Schiffsleben trägt sie mit „Sedov“ bereits ihren dritten Namen nach „Magdalene Vinnen“  und „Kommodore Johnsen“) wirkt in Weiß wirklich sehr majestätisch.

An Bord wurde ich bereits erwartet und wie immer, wenn man wieder das Deck der „Sedov“ betritt, war es eigentlich wie nach Hause kommen. Kurze Zeit später wurde auch schon der Anker gelichtet und die „Sedov“ machte sich auf ihren Weg Richtung Kaliningrad.

(Fortsetzung  in KE Nr. 3/2020)