Die ausgestellten Puppen begeistern Jung und Alt. Die Vesucher betrachten sie mit leuchtenden Augen. Wer das sieht, der weiß: Puppen werden ihre Bedeutung für Kinder und ihre Eltern nie verlieren. Foto: I.S.

Puppen sind zeitlos schön

Das Bernsteinmuseum stellt 19 deutsche und 3 französische Puppen aus den Jahren 1870 bis 1915 sowie Puppen aus der Sowjetzeit von 1950 bis 1965 aus. Die Sammlerin Nadeschda Spirina aus Moskau hat sie dem Museum zur Verfügung gestellt.

In den Glasvitrinen sind Spielsachen ausgestellt, über die sich Generationen von Kindern gefreut haben. Es gibt darunter eine alte Fotografie, auf der ein festlich gekleidetes Mädchen von etwa sieben Jahren zu sehen ist. Das Foto trägt kein Datum, dafür aber den Hinweis auf ein Königsberger Fotostudio. Das Mädchen auf dem Bild hält eine Puppe in den Händen, die sich als seltenes und wertvolles Produkt der deutschen Puppenfabrik „Kestner“ identifizieren lässt. Die Fabrik hat solche Puppen im Zeitraum von 1870 bis 1880 hergestellt. Das Foto mag also auch aus diesen Jahren stammen. Eine andere Vitrine ist voller Erzeugnisse dieser berühmten Puppenfabrik, zum Beispiel werden Kai und Gerda aus Andersens Märchen „Die Schneekönigin“ gezeigt.

Puppensammlerin Spirina berichtet: „Deutsche Puppenfabriken taten sich bereits Mitte des 19. Jahrhunderts als führende Spielzeugproduzenten hervor. Sie stellten für die einschlägigen Industriezweige in Frankreich und den USA eine ernstzunehmende Konkurrenz dar. Es gab zwischen ihnen jedoch einen Unterschied: In ihrem Produktportfolio existierten keine dunkelhäutigen Puppen. Das lag daran, dass deutsche Kinder damals im Unterschied zu ihren Altersgenossen in den USA oder Großbritannien keine Kinder anderer Kontinente zu Gesicht bekamen. So kam es, dass hier praktisch alle Puppen europäische Gesichtszüge aufwiesen. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann man sich in Europa für das Leben der Menschen in Afrika oder Asien zu interessieren. Deutsche Puppenhersteller erweiterten ihr Sortiment um neue Modelle. Das war einerseits durch den gestiegenen Warenexport in die britischen und franzäsischen Kolonien und andererseits durch den Wunsch der einheimischen Kundschaft nach exotischen Puppen bedingt. So kamen immer mehr Puppen mit asiatischen, indianischen und afrikanischen Gesichtszügen auf den Markt. Ihre aus Holz oder Kompositstoffen gefertigten Körper wurden mit Farben bemalt, die zum Porzellan, aus dem die Köpfe der Puppen waren, passen sollten.

In einer der Glasvitrinen sind zwei äußerst seltene Puppen der deutschen Firma „Simon und Halbig“ sowie zwei „Französinnen“ der Firmen „Jumeau“ und „Eden Bebe“ ausgestellt. Die Jumeau-Puppen sind leicht an den stark geschwungen Augenbrauen und den strahlenden, einmalig schönen Emaille-Augen zu erkennen. Solche Augen, auch Paperweight-Augen genannt, wurden anfangs nur für medizinische Zwecke produziert. Die Puppenproduzenten eigneten sich jedoch entsprechende Herstellungsmethoden an, so dass ihre Erzeugnisse Augen bekamen, die von den menschlichen kaum zu unterscheiden waren.

Mit den meisten Puppen im sowjetischen Teil der Ausstellung haben seinerzeit Kinder gespielt, die heutzutage schon um die 70 Jahre alt sind. Die Puppen stammen aus den ersten Nachkriegsjahren, aus den 1950er und 1960er Jahren. Sie wurden nicht aus Porzellan, sondern aus Papiermaché oder gepresstem Sägemehl, später aus Bakelit und anderen Hartharzen hergestellt und zeichnen sich durch eine gute Herstellungsqualität aus. Jede der ausgestellten Puppen, egal ob aus Frankreich, Deutschland oder der Sowjetunion, hat eine besondere Geschichte. Wenn diese über einhundert Jahre alt sind, müssen sie zwei Weltkriege und allerhand sonst miterlebt haben, im Besitz von mehreren Familien und das Spielzeug mal dieses, mal jenes Kindes gewesen sein, sein Lachen und seine Tränen gehört und gesehen haben. Die Kinder werden auch mit ihnen gesprochen haben – in welcher Sprache wohl? Spielt das jetzt eine Rolle? Die Puppen haben ja keine Nationalität, sie sind nur zum Spielen und Glücklichsein da. Obgleich den Kindern von heute allerhand moderne Gadgets zur Verfügung stehen, betrachten sie die Exponate dieser bezaubernden Ausstellung mit leuchtenden Augen. Wer das sieht, der weiß: Puppen werden auf immer und ewig einen Platz in den Herzen der Kinder haben.