Jantarny/Palmnicken. Die ausgestreckten Hände am Mahnmal für die in Palmnicken Ermordeten von Bildhauer Frank Meisler appellieren an die Menschen des 21. Jahrhunderts, derartige Verbrechen nie wieder zuzulassen. Foto: Archiv kinfa

„Ein beschwiegenes Kapitel des Holocaust“

Anlässlich des 75. Jahrestages der Ermordung Tausender vor allem jüdischer Frauen am Strand des ostpreußischen Palmnicken hatte die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum im Januar zu einer Lesung mit der Schauspielerin Johanna Wokalek geladen.

Der Abend wurde moderiert von Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“. Johanna Wokalek las aus dem Zeitzeugenbericht von Maria Blitz (1918-2016), die während des Holocaust mit ihrer Familie aus Krakau verschleppt worden war.  Den jahrlangen Leidensweg vom Krakauer Ghetto, über die Konzentrationslager Plaszow, Auschwitz und Stutthof sowie das Arbeitslager Heiligenbeil in Ostpreußen überlebte Maria Blitz als einziges Mitglied ihrer Familie.

Im Januar 1945 hatte die SS nach Auflösung des KZ Stutthof bei Danzig den Fußmarsch von ca. 13.000 Häftlingen nach Königsberg in Ostpreußen angeordnet. Bei starkem Frost wurden dann am 26. Januar bis zu 7.500 zumeist jüdische Frauen aus Polen und Ungarn an den Strand bei Palmnicken getrieben und dort in der Nacht des 31. Januar 1945 erschossen. Nur ca. 30 Personen, unter ihnen Maria Blitz, überlebten dieses größte Verbrechen auf ostpreußischem Boden, wie Uwe Neumärker anlässlich ihres Todes im Jahre 2016 formulierte. Ursprünglich war die Ermordung der Häftlinge sogar in einem Schacht des Bernsteintagebaus geplant.

2010 veröffentlichte die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas diesen Zeitzeugenbericht mit dem Titel „Endzeit in Ostpreußen. Ein beschwiegenes Kapitel des Holocaust“ im ersten von mittlerweile 14 Bänden von Zeitzeugenberichten.

Damals war Maria Blitz aus den USA nach Berlin gereist und hatte unter anderem das Centrum Judaicum besucht. Ihr Interview für die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas im Rahmen des Videoarchiv-Projektes „Sprechen trotz allem“ ist auf der Seite www.sprechentrotzallem.de zu sehen.

Alexandra Jelitte