Juri Luschkow bei einer Flottenparade in Baltijsk. Foto: I.S.

Er fühlte sich mit uns verbunden

Am 10. Dezember 2019 verstarb Juri Luschkow, Moskaus Ex-Oberbürgermeister sowie namhafter Politiker und prägende Persönlichkeit mit einzigartiger Ausstrahlung, im Alter von 83 Jahren in einer Münchner Klinik.

18 Jahre lang, von 1992 bis 2010, war Luschkow Oberbürgermeister von Moskau. Er gehörte zu den Politikern, die in Russland ein politisches Einvernehmen erst ermöglicht und danach gefestigt haben. In seine Zeit als Stadtoberhaupt fällt der Beginn des Baubooms mit einer stürmischen Entwicklung des Groß- und Einzelhandels in Moskau. Die Anzahl der Hotels stieg seinerzeit fast um ein Viertel. Für sozial schwache Bevölkerungsschichten wurde das Hilfsprogramm „Sozialhypothek“ umgesetzt.

Luschkow war ein Politiker mit Herz für pensionierte und behinderte Menschen. Er schuf in Moskau ein Departement für sozialen Schutz, das erste dieser Art in Russland. Auch half er mit Geld aus dem Stadthaushalt, neue Gebäude für die Moskauer Staatliche Universität zu bauen und sie nach dem neuesten Stand der Technik mit wissenschaftlichen Geräten auszustatten. Nicht zu vergessen ist der Beitrag, den er zum Wiederaufbau der Christus-Erlöser-Kathedrale geleistet hat.

Luschkow hatte ein besonderes Verhältnis zu Kaliningrad, er besuchte unsere Stadt in seiner Eigenschaft als Moskaus Oberbürgermeister mehrere Male, stand in dauerhaftem Kontakt mit Kaliningrader Behörden und der Kommandostelle der Baltischen Flotte und half, in der Region Wohnungen für Militärangehörige zu bauen. Kurz und gut, er war kein Fremder im Gebiet. Nach der Amtsniederlegung verließ er Moskau, siedelte ins Kaliningrader Gebiet über und wurde hier Imker und passionierter Landwirt.

Vor Ort erwarb er kurz entschlossen das Gestüt Weedern und verschrieb sich mit Leib und Seele der Betätigung als Landwirt und Tierzüchter. Er pflügte und säte, setzte sich oft selbst hinter das Steuer seines Traktors oder Mähdreschers. Jedem seiner Vorhaben in den Bereichen Tierzucht und Pflanzenanbau verstand er die Größe seiner eigentlichen Berufung als Oberbürgermeister der geliebten Großstadt Moskau zu verleihen. „Alles soll wie Moskau sein: groß, gastfreundlich, festlich, frei und überschwänglich“, pflegte er zu sagen.

Die Nachrichtenagentur „Kaliningrad.ru“ lässt die Taten und Errungenschaften des einst „mächtigsten Mannes in Moskau“, die er nunmehr in seiner neuen Eigenschaft als Landwirt im Kaliningrader Gebiet erzielt hat, Revue passieren:

Pferdezucht

Die Frau von Juri Luschkow, Elena Baturina, fasste in den 2000er Jahren den Beschluss, die Tradition der Pferdezucht im einstigen Gestüt „Weedern“ im Landkreis Osjorsk (ehem. Darkehmen) aufzugreifen und weiterzuführen. 2013 nahm Juri Luschkow die Führung des Gestüts in seine Hände. Er züchtete Rassepferde für den Verkauf, organisierte Beratungen, Trainings und Vorbereitungen auf Wettkämpfe im Springreiten.

Schafzucht und Pilzanbau

2014 begann Luschkow, Schafe der seltenen Romanow-Rasse zu züchten. Ende 2017 zählte die Schafherde auf seiner Zuchtfarm im Landkreis Osjorsk bereits über 1.500 Tiere. Auch gründete er dort eine Firma zum Anbau von Austernpilzen. Die Firma ging gut und belieferte bald die Handelsbetriebe mit frischen und getrockneten Pilzen. Luschkow plante, den Pilzanbau weiter auszubauen, um zukünftig pulverisierte Zutaten aus Pilzen herzustellen.

Luschkows „Kleine Honigwiesen“

Der Agrarbetrieb von Juri Luschkow begann im Mai 2017, mehrere Sorten Weichkäse unter der Handelsmarke „Kleine Honigwiesen“ zu produzieren. Die Bezeichnung basiert auf einem Wortspiel: Der Nachname Luschkow lässt sich ungefähr wie „Der von den kleinen Wiesen“ übersetzen. Das traditionelle Sortiment sollte durch die Käsesorten Parmesan, Roquefort, Brie und Mozzarella ergänzt werden.

Dazu wurden Maschinen und Ausrüstungen aus Slowenien angeschafft. Der Agrarbetrieb verfügt über eine eigene Rinderherde und ist somit nicht auf auswärtige Rohstofflieferungen angewiesen. Luschkow plante, zunächst Kaliningrad, danach das Gebiet und später ganz Russland mit Käse zu beliefern.

Wachtelzucht

Eines der letzten Projekte, die Luschkow in unserem Gebiet umzusetzen begann, war die industrielle Zucht von Wachteln texanischer und estnischer Rassen, die für den Verzehr bestimmt waren.

Juri Luschkow ist von uns gegangen, aber er hinterließ Nachfolger, die seine im Gebiet initiierten Projekte weiterführen werden.