Bauhaus zwischen Oder und Ostsee
Das Deutsche Kulturforum östliches Europa war Initiator und Organisator eines aufschlussreichen Meinungsaustausches, bei dem die Stilrichtung Bauhaus im Zentrum des Interesses stand.
Theodor Fontane, Mauerfall, Bauhaus – das Jahr 2019 ist reich an denkwürdigen Jubiläen. Dass besonders das Interesse am 100. Gründungsjubiläum des Bauhauses trotz zahlreicher Ausstellungen und Veranstaltungen nach wie vor ungebrochen ist, zeigte sich im Oktober in der Vertretung des Landes Brandenburg beim Bund in Berlin. Bereits Tage zuvor war ein Abend unter dem Motto „Neues Bauen zwischen Oder und Ostsee“, zu der das Deutsche Kulturforum östliches Europa eingeladen hatte, restlos ausgebucht.
Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch Stefan Ludwig, Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, sowie Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, gab der ehemalige Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, Prof. Dr. Rolf Kuhn, einen anschaulichen Überblick über eine der prägendsten Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts, die nach dem Ersten Weltkrieg eine Antwort auf Wohnungsnot und „Mief“ der Vergangenheit gab. Walter Gropius als Begründer des Bauhauses und dessen Direktor von 1919-1928 arbeitete mit bedeutenden Architekten, Designern und Künstlern wie Ludwig Mies van der Rohe, Hans Scharoun, László Moholy-Nagy, Oskar Schlemmer, Johannes Itten und vielen mehr. Nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen weiblichen „Bauhäuslerinnen“, die es oft ungemein schwerer hatten bzw. sogar in Vergessenheit geraten sind. Erst unlängst gab es eine vielbeachtete Ausstellung der Malerin Lotte Laserstein in der Berlinischen Galerie.
Die Bauhaus-Idee verbreitete sich weltweit auch in Bezeichnungen wie Funktionalismus, Neue Sachlichkeit oder Neues Bauen. Ob Brünn, Moskau, Budapest oder Wien – die sozialen Utopien des Bauhauses lassen sich von Europa bis Amerika finden. Ein Highlight ist zweifelsohne Gdynia, die weiße Stadt am Meer, aus einem Fischerdorf entstanden und Symbol für die Zweite Polnische Republik mit ihrem wichtigen Zugang zur Ostsee – anschaulich vorgestellt vom Direktor des dortigen Stadtmuseums, Dr. Jacek Friedrich. Dr. Beate Störtkuhl vom Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa aus Oldenburg sprach zu weiteren Orten der Moderne.
Im sich anschließenden Podiumsgespräch, moderiert vom taz-Redakteur und Osteuropaexperten Uwe Rada, erläuterte Dr. Jewgenij Maslow, Leiter der Staatlichen Kulturerbe- und Denkmalschutzbehörde im Gebiet Kaliningrad, die Strategien zur Bewahrung des dortigen Kulturerbes. Beispiele für Bauhaus-Architektur vor Ort sind die von Hanns Hopp erbaute ehemalige Ostpreußische Mädchengewerbeschule, heute Akademie für den Offiziersnachwuchs, sowie das ehemalige Staatsarchiv nach Entwürfen von Robert Liebenthal, heute Kaliningrader Bibliothek.
Alexandra Jelitte